In den letzten Monaten häufen sich Posts in meinem Entwurf-Bereich und alle enden sie im Nichts… entweder bekomme ich die Kurve nicht zum richtigen Ende oder es ist zu persönlich für Jemand der meint sich angesprochen – vielleicht sollte ich mir ein Pseudonym suchen? Ich hoffe ich hab diese Blockade irgendwann überwunden und kann das ein oder andere vervollständigen.
Da gab es ein Wochenende im letzten Jahr, das mich so sehr aufgewühlt hat, so dass ich zum Ende emotional erschöpft ins Bett gefallen bin. Am Tag danach habe ich mir die Zeit genommen und mal ein wenig zwischen diesen Spinnweben im Gehirn aufgeräumt. Meine Freundin hat mir bestätigt, dass gerade Beerdigungen von Freunden aus der Vergangenheit häufig solche Nebeneffekte haben.
Auch wenn es im Zusammenhang mit Trauerfeiern eher nicht um schöne Stunden geht, so gibt es ja doch bessere und schlechtere – die Beisetzung meiner Freundin und Mitbewohnerin aus Ausbildungszeiten gehörte eindeutig zu den Besseren. Wir haben einen wunderbaren Mensch verabschiedet und nebenbei eine Reise in die Vergangenheit unternommen. Bei solchen Gelegenheiten begegnet man Menschen, die man Jahrzehnte nicht gesehen hat. Alte Emotionen kommen auf den Tisch, ein Schnelldurchlauf durch das eigene Leben. Plötzlich stellt man fest, dass sich manche Dinge auch nach 30 Jahren nicht geändert haben. Andere hat man so weit hinter sich gelassen, dass man sich kaum noch daran erinnert. Zwei Tage, in einem kleinen Universum, intensiv, traurig aber auch dicht an schönen Erinnerungen – die Begleitung einer Freundin auf ihre letzte Reise hat, genau wie sie selber, tiefe Spuren hinterlassen, die sicher noch lange in mein Leben einfließen.
Etliche Zeit später befinde ich mich wieder auf einer Reise – Geschäftsreise. Was eigentlich sehr anstrengend ist und an manchen Tagen die Grenzen meiner Kraft stark ankratzt, erweist sich trotzdem als mit die beste Zeit seit langem. Diese Reise macht mir bewusst, wie wichtig es ist, nicht alleine zu sein, Menschen um sich zu haben, die sich kümmern. Ungewöhnlich ungefragt und mit größter Selbstverständlichkeit. Ohne Dich und die Umstände zig Mal zu verfluchen oder Dir das Gefühl zu geben, dass Du gerade einfach nur lästig bist.
Für mich ist es so selbstverständlich geworden alleine zurecht zu kommen, dass ich gar nicht mehr gemerkt habe, was in meinem Leben eigentlich fehlt. „Ohne zu geben gibt es auch Nichts für Dich“ könnte irgendwo mal in meinen Glückskeksen in dieser Zeit gestanden haben. Und so finde es normal, dass mein Chaos Monate vor meinen Augen liegen bleibt, weil ich die Kraft nicht habe, mal gründlich durchzufegen. Über die Jahre wurde es einfach normal, dass nur etwas passiert, wenn ich selber mindestens genauso anpacke. Zwei Wochen nur meine Katzen sehen? Normal… das ganze Wochenende mit niemandem reden? Normal… Tagelang würde es keiner merken, wenn Du umfällst. Ich glaube viele chronisch Kranke kennen das – am Anfang kümmert sich der ein oder andere, aber irgendwann, wenn klar ist, dass es kein „werde schnell wieder gesund“ mehr gibt und deine Schwäche eine Sache für den Rest deines Lebens ist, lässt das nach. Verständlich irgendwo, weil ja jeder auch sein eigenes Leben und seine Probleme hat. Dabei habe ich mit meinem Bekanntenkreis sicher noch Glück, sie tragen mir zumindest nicht nach, dass ich Einladungen oft platzen lassen muss. Und es sind einige Freunde verblieben, die da sind, wenn ich um Hilfe bitte und nicht nur Lippenbekenntnisse verstreuen. Das kenne ich von meinen Kontakten in der „Dauerkranken-Szene“ auch schlimmer.
Diese Reise in eine Welt der Fürsorge, der Anteilnahme und des ungefragten „ich erledige das für Dich“ hat mich verwirrt, nachdenklich gemacht und aufgewühlt. Ob ich es wohl schaffe an der nächsten Lebens-Abzweigung das Schild „nicht der schwere Weg“ zu entdecken und dann auch noch darauf zu vertrauen, dass es stimmt? Ein Stopp Schild habe ich immerhin schon eine Weile öfter mal im Einsatz.
Ich wünsche mir, dass ich meine Reise auf dieser Welt mit den guten Freunden weiter gehen kann, meine Arbeitsfamilie, Fliegerfamilie und auch die verstehenden Bekannten immer zu schätzen weiß. Ich bin dankbar dafür, dass ich einmal mehr gelernt habe, dass es diese Menschen auch an unerwarteten Ecken gibt und hoffe, dass ich es niemals als selbstverständlich hinnehme, wenn mir jemand seine Hand zum Helfen reicht ohne in der anderen mit Schuldscheinen zu wedeln oder gleichzeitig über die folgende Aufgabe zu fluchen.